Stell dir vor: Ein Gehirn, schwebend im leeren Weltraum, ohne Körper, ohne Bezug zur Realität. Es blitzt auf, erlebt ein ganzes Leben in einem Moment und verschwindet wieder, als wäre es nie da gewesen. Klingt völlig absurd, oder? Willkommen in der Welt der modernen Physik, wo solche Gedankenexperimente tatsächlich dazu verwendet werden, die Natur des Universums zu hinterfragen.
1. Also, wie bastelt man sich ein Universum?
Die Frage nach dem Ursprung des Universums hat Physiker und Philosophen seit Jahrhunderten beschäftigt. In jüngster Zeit sind Theorien aus der Quantenmechanik aufgekommen, die das Verständnis des Universums auf den Kopf stellen. Eine solche Theorie ist die Quantenkosmologie, die versucht, die Gesetze der Quantenmechanik auf das gesamte Universum anzuwenden. Klingt kompliziert? Ja, ist es auch. Aber keine Sorge, wir brechen das herunter.
Die Quantenmechanik beschäftigt sich (das haben wir im letzten Teil schon erörtert) mit den kleinsten Bausteinen der Materie, wie Elektronen und Photonen. Diese Teilchen verhalten sich manchmal wie Wellen und manchmal wie Teilchen – je nachdem, ob sie beobachtet werden oder nicht. Diese Idee hat dazu geführt, dass einige Physiker spekulieren, ob das gesamte Universum nur eine Wellenfunktion ist, die kollabiert, wenn ein Beobachter ins Spiel kommt.
1.1. Wer beobachtet das Universum?
Hier wird es spannend: Wenn das Universum eine Wellenfunktion ist, die kollabiert, wenn es beobachtet wird, wer oder was ist dann der Beobachter? Die Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik, eine der am weitesten verbreiteten Interpretationen, legt nahe, dass ein Bewusstsein erforderlich ist, um den Kollaps der Wellenfunktion auszulösen. Aber wenn das Universum eine riesige Wellenfunktion ist, wer oder was hat es dann beobachtet und damit in die "Existenz" gebracht wird?
Steven Meyer, der Autor des Buches, über das wir hier sprechen, argumentiert, dass die Annahme eines transzendenten, kosmischen Beobachters klare theistische Implikationen hat. Mit anderen Worten:
Wenn ein Beobachter notwendig ist, um das Universum in die Existenz zu bringen, dann könnte dieser Beobachter ein Gott oder ein höchstes Bewusstsein sein.
Ein Gedanke, der vielen Wissenschaftlern Unbehagen bereitet, denn er rückt die Wissenschaft gefährlich nah an die Religion.
2. Die absurde Welt der Viele-Welten-Theorie
Eine Alternative zur Kopenhagener Interpretation ist die Viele-Welten-Theorie. Diese Theorie besagt, dass bei jedem quantenmechanischen Ereignis das Universum sich in mehrere Versionen aufspaltet, in denen alle möglichen Ergebnisse dieses Ereignisses real werden.
Stell dir vor, du betrittst einen gigantischen Buchladen, der so groß ist, dass er unendlich viele Bücherregale mit unendlich vielen Büchern enthält. Jedes Mal, wenn du eine Seite eines Buches umblätterst, entstehen unzählige neue Bücher, die alle möglichen Varianten dieser Geschichte enthalten. Manche dieser Varianten sind fast identisch mit der Originalgeschichte, während andere völlig absurde Handlungsstränge verfolgen.
Nach der Viele-Welten-Theorie entsteht bei jeder noch so kleinen Entscheidung oder zufälligen Ereignis ein neues Universum, das jede mögliche Entwicklung des Ereignisses darstellt. In unserem Buchladen würden das bedeuten, dass es unendlich viele Bücher gibt, in denen die Hauptfigur jedes Mal anders reagiert, und deshalb entstehen unendlich viele alternative Universen.
Die Absurdität ergibt sich aus der Tatsache, dass diese Theorie darauf hinweist, dass jede mögliche Variante einer Geschichte tatsächlich in einem separaten, realen Universum existiert. Es gibt also unzählige Universen, in denen absurde, unlogische oder sogar völlig widersprüchliche Dinge geschehen. Manche Wissenschaftler argumentieren, dass diese Vorstellung zu einem unüberprüfbaren Chaos führt und wissenschaftlich wenig hilfreich ist, weil sie keine Vorhersagen ermöglicht, die getestet werden können.
Darüber hinaus stellt die Viele-Welten-Theorie die Bedeutung von wissenschaftlichen Erklärungen in Frage. Wenn alles, was mathematisch denkbar ist, in einem der vielen Universen realisiert wird, wird es schwierig, verlässliche wissenschaftliche Aussagen über unser eigenes Universum zu treffen. Das führt zu einem extremen Skeptizismus gegenüber der Wissenschaft selbst, weil jede noch so bizarre Vorstellung theoretisch „irgendwo“ in einem der unendlichen Universen real ist.
Aber das ist nicht alles: Diese Theorie führt auch zu einigen ziemlich absurden Konsequenzen, wie der Möglichkeit von Boltzmann-Gehirnen.
3. Boltzmann-Gehirne: Eine Absurdität der Viele-Welten-Theorie
Ein Boltzmann-Gehirn ist ein hypothetisches Wesen, das aus einer zufälligen Anordnung von Atomen im Weltraum entsteht.
- Es hat Erinnerungen,
- Gedanken
- und vielleicht sogar einen vollen Lebensverlauf –
- aber es existiert nur für einen winzigen Moment, bevor es wieder verschwindet.
In einem unendlichen Multiversum wäre es theoretisch möglich, dass solche Gehirne öfter existieren als echte Menschen. Absurd? Ja, aber das ist genau die Art von Absurdität, zu der die Viele-Welten-Theorie führen kann.
Selbst renommierte Physiker wie Sean Carroll und Brian Greene haben sich gegen diese Konsequenzen gewehrt. Carroll sagte:
„Wir behaupten nicht, dass Boltzmann-Gehirne existieren. Wir versuchen, sie zu vermeiden.“
Greene ergänzte:
„Ich bin zuversichtlich, dass ich kein Boltzmann-Gehirn bin.“
Doch das Problem bleibt bestehen:
Wenn die Viele-Welten-Theorie wahr ist, könnten wir alle nur Boltzmann-Gehirne sein – und nichts von dem, was wir erleben, wäre real.
4. Fazit: Eine einfachere Erklärung
Bei all diesen verwirrenden Theorien könnte man leicht den Überblick verlieren. Aber hier kommt ein einfaches Prinzip ins Spiel, das schon seit Jahrhunderten in der Wissenschaft verwendet wird: Ockhams Rasiermesser. Es besagt, dass die einfachste Erklärung oft die beste ist.
Statt unendlich viele Universen oder absurde Boltzmann-Gehirne anzunehmen, könnte es einfacher sein, an ein einziges, bewusstes Universum zu glauben – eines, das vielleicht von einem höheren Bewusstsein erschaffen wurde.
Steven Meyer argumentiert, dass die Gott-Hypothese eine theoretisch einfachere und weniger verschlungene Erklärung für den Ursprung des Universums ist als die Viele-Welten-Theorie oder andere komplexe kosmologische Modelle. Es ist eine Lösung, die weniger Annahmen erfordert und die absurdesten Konsequenzen vermeidet.
Ob du nun an die Viele-Welten-Theorie glaubst, die Gott-Hypothese bevorzugst oder einfach nur fasziniert bist von den Gedankenexperimenten der modernen Physik – eines ist sicher: Die Frage nach dem Ursprung des Universums ist alles andere als langweilig. Aber wer weiß, vielleicht bist du ja doch nur ein Boltzmann-Gehirn, das sich all das hier gerade ausdenkt und gleich wieder ...
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