Wie klingt das?: Kosmische Chaosgewässer aus denen heraus Gott die Funktionen des Kosmos bestimmt. Schräg oder? Mir ging es auch so, dass die Denkweise der Antike mich vor einige Herausforderungen gestellt hat, wenn es um Genesis geht. Hatten die Schreiber der Bibel wirklich eine andere Sicht darauf, was Erschaffen bzw. die Schöpfung bedeutet? Was ist mit Towhuwabohu in der Genesis gemeint?
Stell dir vor, du liest eine uralte Landkarte, nicht um deinen Weg durch eine fremde Stadt zu finden, sondern um zu erkennen, wie die Menschen damals die Welt sahen. Genau solch eine Reise möchten wir heute antreten. Wir werden uns gemeinsam überlegen, wie wir den Schöpfungsbericht, biblisch genannt „Genesis“, auslegen sollten. Sind hier wissenschaftliche Irrtümer enthalten, oder hat die Darstellung eine ganz andere Bedeutung?
1. Einhaltung der Perspektive - Was war der Blickwinkel der antiken Schreiber?
Die Bibel schildert in ihren ersten Versen eine Urzeit, in der die Erde "wüst und leer" (1.Mo 1,2) war und "Finsternis auf der Tiefe" lag. Ein hebräisches Wortpaar besetzt hier die Hauptrolle: "Tohu wa-bohu". Düstere Begriffe, die unser Verständnis schnell an seine Grenzen bringen könnten.
Vorab die Frage: Bist du bereit, die Brille des modernen Menschen abzusetzen und in die Gedankenwelt der alten Israeliten einzutauchen?
1.1. Tohu und Bohu - Chaos oder Leere?
Interessanterweise bezeichnet das alttestamentliche Wortpaar nicht unbedingt ein physikalisches Nichts, sondern vielmehr einen Mangel an Ordnung oder Funktion – die Erde als eine Einöde ohne lebensnotwendige Strukturen.
Die intensive Wortanalyse über unterschiedlichen Textstellen, die auch Tohu und Bohu beinhalten wie Hiob, Jesaja und die Psalmen (machen wir im Video), zeigt klar: Materielle Existenz ist nicht das Thema, vielmehr die fehlende Ordnung für das menschliche Leben. Kurios, nicht wahr?
Schau z.B. mal in diese Suche bei Stepbible, in der die Bibelverse mit den hebräischen Begriffen zu finden sind!
1.2. Die Genesis-Linse – auch für heutige Forscher intuitiv?
In der Genesis wird offenbar, dass Gott die Basis für ein funktionierendes, menschenfreundliches Lebensumfeld schafft. Schöpfungstage sind also nicht Buchhalterkolonnen kosmischer Bilanzen im Sinne der modernen Astrophysik, sondern eher wie das Einrichten von Bühnenbild und Kulisse für das Theater des Lebens. Eine funktionale Ontologie – so könnte man es im philosophischen Jargon nennen.
1.3. Die Schöpfungstage – Eine Funktion für jeden Moment
Betrachten wir die Schöpfungstage genauer, fällt auf: Jeder Tag wird einer bestimmten Funktion in der Welt zugewiesen. Erhellend, nicht?
- Tag des Lichts: Einführung von Zeit und Rhythmus in die Welt. (1.Mo 1,3)
- Die Trennung der Gewässer: Erschaffung stoppbarer Lebensräume und Wetterzyklen für Fruchtbarkeit. (1.Mo 1,6)
- Das Land und seine Vegetation: Die Nahrungsbasis nimmt Form an. (1.Mo 1,9)
Die Reflektion postdiluvianischer (nach der Sintflut) Texte festigt diese Sicht: Gottes Promise, dass Zeiten und Erträge nicht aufhören werden, untermauert den funktionalen Ansatz.
Das Geheimnis? Schau mal, wie Tag vier bis sechs sich anordnen und so drei Pärchen entstehen, die thematisch aufeinander aufbauen.
Wenn es noch nicht Klick macht - schau doch mal in das Video oder den Podcast. Da erkläre ich die Zusammenhänge genauer!
2. Warum die Bibel nicht wissenschaftlich korrekt sein muss
Hier trifft Naturwissenschaft auf Theologie. Und es zeigt sich: Die historischen Autoren nutzen die Vorstellungswelt und das Wissen ihrer Zeit, um göttliche Prinzipien und Strukturen zu kommunizieren.
Mehr noch: John Walton, dessen Werke die Nuancen dieser Debatte tiefgründig untersuchen, argumentiert, dass sich die Bibel nicht primär als wissenschaftlicher Bericht liest, sondern als göttliches Zeugnis, wie Funktionen im Kosmos etabliert werden.
Im Detail bedeutet Waltons Sicht, dass die Schöpfungsgeschichten anderer alte Kulturen ähnlich beginnen – mit elementaren Gewässern. Das Ur-Chaos, aus dem heraus Gottes Geist Ordnung erschafft. Es geht weniger um geologische Präszision, sondern vielmehr um die Zuweisung von Funktionen die Leben ermöglichen.
2.1. Zwischen Tradition und Erneuerung – Wie gehen wir damit um?
Der vitale Kern der Genesis-Erzählung bleibt für uns beständig: Die Welt ist ein geordneter, beabsichtigter Platz des Lebens – konstruiert durch und für menschliche Existenz.
Doch sollten wir uns gespannt umdrehen und fragen: Erfordert unser Fortschritt im Wissenschaftlichen Umfeld ein Update der historischen Sicht? Oder ist das Bilden einer Nuance, einer Brücke zwischen alter Kultur und heutiger Wissenschaft vielleicht fruchtbarer?
Die strenge Auslegung jeder Silbe als unumstößliche wissenschaftliche Tatsache führt uns mit der aktuellen Wissenschaftsforschung in zahlreiche Sackgassen – doch das ist nicht der Punkt! Die Schönheit liegt hier darin, dass die Schöpfungstexte verschiedene Schichten des Verständnisses eröffnen. In den nächsten Teilen wird das noch viel deutlicher, dass der Text nicht einfach eine "Bauanleitung" ist, sondern als Text gedacht ist, der direkt auf die Beziehung Gottes zu den Menschen eingeht. Und was von beidem ist dir wichtiger?
2.2. Informed Faith – Eine Einladung, mehr Kapitel zu blättern
Und so stehen wir an der Grenze zweier Welten – wir sind eingeladen, als fundierte Gläubige in die Zukunft zu schreiten: Mit dem Alten Testament in einer Hand, und aktuellen, wissenschaftlichen Veröffentlichungen in der anderen.
In Aussicht: Eine Fortsetzung unseres Beginnens. Weitere Durchgänge durch die restlichen Schöpfungstage stehen an, bevor wir in späteren Beiträgen dem Ganzen die Krone des Verständnisses aufsetzen werden.
Nicht zu vergessen: Eine genaue Aufarbeitung zu Hiob 26,7, ein Stolperstein unter vielen, auf unserer Reise auf der Straße von Text und Funktion. Mit dieser gedanklichen Rüstung wünsche ich dir anregende Beobachtungen und Erkenntnisse, bis wir uns im nächsten Austausch wieder begegnen. Bleib fasziniert!
QUELLEN:
- Thema - Zion im Norden: https://youtu.be/Hts9yDPF7QY?t=1580
- https://www.bibleserver.com/LUT.ELB.HFA.SLT.ZB/1.Mose1
- https://www.stepbible.org/?q=version=GerSch|version=ESV|strong=H8414&options=VNHUGV&display=INTERLEAVED